Bundesweite Studie: Anteil der Fachkräfte in Kitas sinkt
Gütersloh:
Weil Erzieherinnen und Erzieher in den Kitas fehlen, werden laut einer Studie immer mehr Menschen ohne formale pädagogische Ausbildung eingestellt. Was macht das mit der Betreuungsqualität für die Jüngsten?
Wieder nur eine Notbesetzung in der Kita oder sogar eine kurzfristige Komplettschließung wegen Krankheit für mehrere Tage: Um den Betrieb trotz dünner Personaldecke aufrechtzuerhalten, werden einer bundesweiten Studie zufolge zunehmend Personen ohne formale pädagogische Voraussetzung in den Kindertagesstätten eingestellt. Zugleich sinkt der Anteil der Fachkräfte, die mindestens über eine Qualifikation als Erzieherin oder als Erzieher verfügen. Zu dem Ergebnis kommt das " Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme" der Bertelsmann Stiftung.
Einen einschlägigen Hochschul- oder Fachschulabschluss und damit die formale pädagogische Qualifikation haben Erzieherinnen, Sozialpädagogen, Sozialarbeiter, Heilpädagogen oder auch Kindheitspädagogen, schildert Studienmitautorin Kathrin Bock-Famulla. Kinderpflergerinnen oder Sozialassistentinnen mit lediglich zweijähriger Ausbildung würden nicht dazugezählt.
In einer Notsituation könne es vertretbar sein, Anforderungen vorübergehend zu senken, sagt Bildungsexpertin Anette Stein von der Stiftung. Ein dauerhaftes Absenken des Fachkräfte- Anteils - wie es sich in vielen Bundesländern abzeichne- dürfe es aber nicht geben. Für die anspruchsvolle Arbeit mit den Kindern brauche es die entsprechende pädagogische Qualifikation.
Unter den pädagogischen Tätigkeiten pro Kita empfiehlt die Arbeitsgruppe Frühe Bildung von Bund und Ländern perspektivisch eine Fachkräftequote von 85 Prozent pro Kita-Team, heißt es bei der Bertelsamnn Stiftung. Der Anteil pro Kita-Team sei aber im Schnitt von 75,8 Prozent (2017) auf 72,5 Prozent gesunken.
Aussagestark laut Bock- Famulla ist besonders: 2023 kam nur jedes dritte Kita-Team (32 Prozent) auf eine hohe Quote von mehr als acht Fachkräften unter zehn pädagogisch tätigen Personen. 2017 konnten noch 41 Prozent aller Kita-Teams diesen hohen Anteil ( als Kategorie 82,5 Prozent und mehr eingestuft ) vorweisen.
Der Sozialverband Deuschland hält die Zahlen für alarmierend, besonders im Blick auf große Aufgaben wie die Integration zugewanderter Kinder, die vielfach nicht umgesetzte Inklusion oder eine Anhebung des sinkenden Bildungsniveaus. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft mahnt, es brauche nicht nur mehr Fachkräfte, sondern auch bessere Arbeitsbedingungen. Eine "De-Professionalisierung" sei keine Lösung.
Wissenschaftlerin Bock-Famulla sieht einen großen Belastungsfaktor für das Fachpersonal, wenn nicht einschlägig ausgebildete Mitarbeitende im laufenden Kita-Betrieb "on the job" angeleitet werden müssten. Die oft überlasteten Fachkräfte könnten das nicht zusätzlich stemmen. Zwei drittel der Kinder werden - trotz Personalzuwachses - in Gruppen betreut, die nicht das wissenschaftlich empfohlene kindgerechte Betreuungsverhältnis aufweisen. Die Herausforderungen seien in den westdeutschen Ländern größer als im Osten. Unter bestimmten Voraussetzungen könnten Quereinsteiger wie zum Beispiel Ergotherapeuten oder Logopädinnen eine sinnvolle Ergänzung im Kita-Team darstellen, findet der Landeselternbeirat der Kindertageseinrichtungen.
Schwerpunkt der Qualifizierungen sollten entwicklungspsychologische Grundkenntnisse sein, ausserdem Kindeswohl und Kinderschutz. Skeptisch sieht Heimann die Praxis in einigen Bundesländern, Quereinsteiger ohne vorherige Qualifizierung in die Kitas zu bringen, um sie erst dort im laufenden Betrieb zu schulen.
Quelle: Donnerstag 05.12.2024 Kinzigtal-Nachrichten